45 Jahre Haie – davon ca. 35 Jahre mit Rolliman
45 Jahre Haie – davon ca. 35 Jahre mit Rolliman
Bezugnehmend auf den Aufruf vom Haie-Fanportal ,,Haimspiel.de“, wo ein Aufruf an Haie-Fans war, doch ihr schönstes Erlebnis aus ihrer Fanzeit bei den Kölner Haien zu beschreiben, möchte ich hier mal einen Blog über meine Fanzeit schreiben.
DAS SCHÖNSTE ERLEBNIS habe ich gar nicht gehabt, sondern für mich sind diese viele kleinen Anekdoten, die sich aneinander gereiht haben, das, was für mich das Große an den Kölner Haien ausmacht.
Beginnend davon, dass ich an der Lentstraße, dem alten Eisstadion, mit meinem Rollstuhl fast jedes Mal mit dem kleinen Lastenaufzug stecken blieb und die Ordner schon wussten, wenn ich drei Mal an die Tür klopfte, wer in dem Aufzug saß. Oder ich weiß gar nicht, wie oft uns Behinderten (wie waren damals nur 6, denn mehr Rollstühle hatten gar keinen Platz) die Spielerfrauen, welche direkt hinter uns saßen, mit Kaffee versorgt haben, damit uns nicht die Räder am Betonboden festfrieren.
Oder wenn sich die Spieler auf dem Parkplatz neben dem Eisstadion mit Fußball warm spielten und mir ein gewisser Dwayne Norris immer mit voller Absicht den Ball auf die Glocke schoss…
Oder unsere Prügelknaben Tom Thornbury, Brian Glynn, Joe Cirella oder Jason Marshall immer nach Spielende am Kabinenausgang ihr Kölsch mit den Fans tranken und mich quasi in Schutzhaft adoptierten, damit mir keiner ins Kreuz sprang…
Oder unsere Fanfreunde aus Lugano, die mal für ein Vorbereitungsspiel in Köln waren und dann bei Spielbeginn 20 Bengalos zündeten und innerhalb von Sekunden war die alte Eishalle schwarz.
Da war ein gewisser Mike Bullard im Trikot von Landshut, der schon vor offiziellem Spielbeginn 2 Minuten Strafzeit bekommen hat, weil er beim Eröffnungsbully dem Kölner Spieler den Schläger in die Fresse gehauen hat.
Oder als während dem NHL-Lockout ein gewisser Jeremy Roenick in Köln spielte und er ausgerechnet am Karnevalsfreitag sein erstes Spiel in Köln machte und als während dem Warmspielen der komplette Spielmannzug der Kölner Altstädter aufs Eis kam…das Gesicht vom Superstar war komplett zum Piepen, der wusste in dem Moment nicht, ob er in der Irrenanstalt war, oder in der Fernsehshow ,,Versteckte Kamera“.
Zu erwähnen ist natürlich auch mein persönliches Highlight, als ich mal unbedingt in der Haie-Fankurve stehen wollte und 30 Fans kamen in das alte Eisstadion mit Kalksandsteinen und einem Holzbrett. Sie bauten für mich auf den Stehplätzen ein Podest und knallten mich direkt darauf fest. Wenn das irgendein Versicherungstyp gesehen hätte, der wäre gestorben.
Überhaupt ist zu sagen, dass ich über all die Jahre als Eishockeyfan egal ob im heimischen Stadion oder auswärts niemals irgendein Problem hatte, sehr oft war sogar das Gegenteil der Fall: dass wildfremde Menschen ankamen und mir ihre Hilfe angeboten haben oder mir etwas zu essen oder zu trinken holen wollten. Diese sogenannte Inklusion von Schwerbehinderten ist beim Eishockey unter den Fans längst gang und gebe. Da zählt wirklich nur, dass du das Trikot an hast und der Rest ist fast egal.
Das sportliche Highlight war für mich persönlich der Vorrundensieg der Kölner Haie im Europapokalendturnier 1995/96 in Köln an der Lentstraße gegen Dynamo Moskau. Das erste Spiel, was eine deutsche Vereinsmannschaft gegen eine russische Vereinsmannschaft gewonnen hat.
In dem Zusammenhang ist natürlich auch das Finale des Europapokalturniers zu nennen, in dem die Haie erst ganz knapp im Penaltyschießen gegen den finnischen Club Jokerit Helsinki verloren haben. Diese 3-4 Sekunden danach, wo Totenstille im Stadion war und wo danach ein richtiger Fanvulkan losbrach, bestimmt 10 Minuten lang: ,,Wir sind stolz auf unser Team, halleluja!“
In die gleiche Kategorie fällt mit Sicherheit die letzte Meisterschaft 2002, wo man mit Ach und Krach das Finale gegen Mannheim erreichte, das erste Spiel glatt in Mannheim verlor und die Adlerfans schon höhnten: ,,Haie, wir sind zu stark für euch!“. Nur leider sangen die Haiefans nach dem Sieg im alles entscheidenden fünften Spiel in Mannheim: ,,Adler, ihr seid zu stark für uns!“.
Natürlich muss man auch die bitteren Stunden mit aufzählen. Diese unzähligen fast Pleiten des Vereins oder Spieler, die ihre Verträge nicht einhielten. Glanzlicht dabei waren bestimmt der kanadische Verteidiger Greg Hawgood, der schon nach 4 Wochen seine Koffer wieder packte oder der damalige Weltklassegoalie Traves Scott, der nach nur 1 Jahr beschloss, dass in Russland doch mehr bezahlt wurde als in der DEL oder über Nacht wieder nach Russland ging.
Mit diesem Wechsel fing das Hauptdrama in der Geschichte der Kölner Haie, man kann schon fast sagen im gesamten deutschen Eishockey, eigentlich erst so richtig an. Als Folge von dem Übernachtwechsel von Scott wurde Robert Müller verpflichtet, von dem man aber bereits wusste, dass er an einem Gehirntumor erkrankt war. Trotzdem wuchs Müller gerade in dieser Saison nochmals über sich hinaus, bevor er dann immer wieder krankheitsbedingt ausfiel. Es ist glaube ich die größte Leistung des Vereins, einen solchen Mitarbeiter nicht zu entlassen, sondern mit ihm den ganzen letzten Weg zu gehen. Dieses Ereignis lässt alle Niederlagen, alle schlechten Leistungen und alle Trainerentlassungen verblassen. Denn kein Spiel kann je so wichtig sein, wie das ,,Spiel des Lebens“!
Aber neben Robert Müller hatten wir auch weitere unvergessliche Spieler in Köln, die mit den Haien untrennbar verbunden sind. So zum Beispiel ,,der Jung us Nippes“ Uwe Krupp, welcher seine Karriere in Köln begann und später zum Standley-Cup- Champion in der NHL wurde. Da war der vielleicht beste Spieler, der jemals auf deutschen Eisflächen gespielt hat (außer bei NHL-Streiks), der Russe Sergej Berezin, der nachher genau wie der Slowake Jozef Stümpel in der NHL eine sehr gute Karriere hatte.
Unvergessen natürlich auch unsere ,,Kati Witt in Eishockeyklamotten“, Mirko Lüdemann, der quasi übers Eis schwebte und noch heute da schweben würde, wenn man ihn nicht so unsanft aussortiert hätte. In diesem Zusammenhang fallen mir noch viele weitere Spieler ein, wie die Mitglieder der Pizzaconnection Luciano Borsato, Bruno Zarrillo, Guiseppe Busillo und Antony Iob. Da waren noch Sergio Momesso und Corey Millen, welche direkt aus der NHL nach Köln kamen und hier der Liga zweifelsohne ihren Stempel aufdrückten. Nicht zu vergessen, Ivan Ciernik, der zwar nur vor dem gegnerischen Tor rumstand, aber immer den Schläger an der richtigen Stelle hat oder für mich persönlich der beste Vorbereiter, der jemals in Köln gespielt hat, der Schwede Patrik Carnbäck, der einen ersten Pass in die Spitze hatte, der schärfer und genauer kaum sein konnte.
Es würden noch viele weiteren Anekdoten geben, aber dazu fehlt hier leider der Platz und auch irgendwie die Zeit, alle auszugraben.
Leider ist mit dem Umzug in die Köln Arena viel an persönlichem Zusammensein zwischen Spielern und Fans oder auch Fans und Verein verloren gegangen. Vielleicht ist das auch der Preis, den man zahlen muss, wenn sich ein Unternehmen so vergrößert. Jedoch auf der anderen Seite möchte ich es nicht missen, ein Teil dieser Haiefamilie zu sein, denn wir hatten schon unter den Eishockeyfans Integration und Inklusion, da wusste die große und breite Masse noch gar nicht, wie das geschrieben wird oder was es bedeutet. Und somit sage ich ganz einfach mal, ich freue mich auf die nächsten 35 Jahre mit den Haien…